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10.11.2019

120 Jahre ukrainische griech.-kath. Gemeinde und Studenten in Innsbruck

(op) Der Chor des Collegium Orientale, Rektor Petrynko und Vizerektor Dobra nahmen die Einladung der ukrainischen Studenten und der ukrainischen Gemeinde Innsbruck an und an deren Feierlichkeit 7.-10. November 2019 teil. Gefeiert wurde das 120-jährige Bestehen der ukrainischen griechisch-katholischen Pfarrgemeinde und der Präsenz der ukrainischen Studenten an der Universität Innsbruck.

Zu den Festtagen der Ukrainer in Innsbruck kam auch Patriarch Sviatoslav Shevchuk, das Oberhaupt der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche, nach Innsbruck. Am Freitag, dem 8. November, fand an der Innsbrucker Theologischen Fakultät ein Festakt statt, bei dem mittels mehrerer Ansprachen – Seiner Seligkeit Sviatoslav, des Diözesanbischofs Josef Glettler, der Vizepräsidentin Prof. Dr. Ulrike Tanzer und des Dekans Josef Quitterer sowie des ukrain. Botschafters Dr. Oleksandr Sherba – auf die Geschichte des Anlasses und die aktuelle Situation der Ukrainer in Innsbruck und Tirol eingegangen wurde. Darüber hinaus wurde im Rahmen des Festaktes eine thematische, zweisprachig herausgegebene (Deutsch und Ukrainisch) Festschrift mit dem Titel „120 Jahre – Ukrainische Theologiestudenten und ukrainische Gemeinde Innsbruck“ präsentiert (Herausgeber: Lidiya Melnyk und Volodymyr Mamchyn). Am gleichen Tag gab es auch eine Begegnung mit den Vertreter/innen der Stadt- und Landespolitik im historischen Rathaus von Innsbruck.

Am Samstag, dem 9. November, stand der Patriarch einem Totengedenken in der Kapelle der heiligen Wolodymyr und Olha vor, das vom Chor des Collegium Orientale Eichstätt gesungen wurde. Im Beisein von Bischof Hermann Glettler feierte Seine Seligkeit Sviatoslav an diesem Samstagabend im Innsbrucker Dom zu St. Jakob eine Göttliche Liturgie auf Deutsch; der gesangliche Gestaltung übernahm ebenfalls der Chor unseres Kollegs.

Der Festgottesdienst am Sonntag, dem 10. November im Innsbrucker Canisianum, fand auf Ukrainisch statt und bildete mit dem anschließenden Mittagessen den Abschluss der Festivitäten.

Das Collegium Orientale wünscht den ukrainischen Theologiestudenten und der ukrainischen Gemeinde Innsbruck: Auf viele gesegnete Jahre!

Historische Notiz:

(PD Dr. Liborius Olaf Lumma) Josyf Zhuk und Anastasij Kalysh – ersterer ein Diözesanpriester, letzterer ein Basilianermönch: Das sind die beiden Namen, die für den Anfang der ukrainisch-katholischen Gemeinde Tirols stehen. Ab 1899 waren sie Theologiestudenten im Collegium Canisianum, dem internationalen Priesterseminar in Innsbruck. Bei ihrer Anreise wurden sie von einem Bischof begleitet, der zu einer der wichtigsten Repräsentanten der katholischen Ostkirchen im 20. Jahrhundert werden sollte: Andrej Scheptyzkyj (1865–1944), unter dem Titel Metropolit von Lemberg von 1901 bis 1944 Oberhaupt der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche (UGKK).

Schon vor 1899 gab es in verschiedenen Studienfächern ukrainische Studenten an der Universität Innsbruck, doch der Beginn der Präsenz im Canisianum gilt heute als Startpunkt des ukrainisch-katholischen Gemeindelebens. Volodymyr Mamchyn erforscht derzeit diese Geschichte und hat damit den Auslöser geliefert für eine 120-Jahr-Feier, zu der vom 8. bis 10. November2019 Großerzbischof Sviatoslav Shevchuk von Kiev-Halych (*1970) Innsbruck besuchen wird. Der Besuch unterstreicht die herausragende Bedeutung Innsbrucks und des Canisianums als Ausbildungsstätte ukrainischer Theologen – von 1899 bis 2019 studierten insgesamt mehr als 200 an der Theologischen Fakultät, unter ihnen zahlreiche bekannte Persönlichkeiten, die hohe Ämter bekleideten, wie etwa Josyf Slipyj, ab 1944 als Metropolitvon Lemberg, ab 1963 mit dem Titel Großerzbischof bis 1984 Oberhaupt der UGKK, und sein Nachfolger Myroslav Ivan Lubachivsky (1985–2000).

Die Zeitumstände (der Nationalsozialismus, der Krieg und die Verfolgung der UGKK in der Sowjetunion in den Nachkriegsjahren) bedeuteten zwar das vorläufige Ende der Präsenz von Theologiestudenten aus der Ukraine in Innsbruck. Andererseits war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Aufenthalt zahlreicher Emigranten und Flüchtlinge aus der Ukraine in Westösterreich – Tirol zählte damals fast 10.000 Ukrainer, über7.000 davon griechisch-katholisch – eine entscheidende Phase für die Herausbildung ukrainischer Strukturen. 1947 betreuten insgesamt 18 Priester die Tiroler Ukrainer, und in ganz Österreich gab es ukrainische Vereine und Studentenorganisationen. Die schwierigen Lebensbedingungen zwangen aber die meisten dazu, weiter nach Westen zu emigrieren, nach Nordamerika und Australien, so dass die Zahl der Ukrainer in den 1950er Jahren dramatisch sank.

Ab 1961 konnten wieder Theologiestudenten aus der ukrainischen Diaspora und der Ukraine zum Studium nach Innsbruck kommen. Die im Dachgeschoß des Canisianums eingerichtete und am 8. Mai 1969 von P. Vladimir Richter SJ eingeweihte Kapelle zu Ehren der Heiligen Volodymyr und Olha bewährte sich als geistliches Zentrum und Lebensmittelpunkt der kleinen ukrainischen Gemeinde in Tirol. Im Jahr 2002 vorübergehend ins Hochparterre des Gebäudes verlegt, fand sie 2013 im Kellerraum des nunmehrigen Studentenheimes Canisianum eine würdige Heimstatt mit Sakristei und Gemeinderaum. Die – auch durch das Andreas-Petrus-Werk unterstützte – Anschaffung und am 26. Mai 2019 erfolgte Einweihung der neuen schmiedeeisernen Ikonostase […] zeugt von der Lebendigkeit der aktuell etwa 100 Personenumfassenden ukrainischen griech.-kath. Gemeinde, die von dem aus der Ukraine stammenden Innsbrucker Diözesanpriester und Pfarrer im Seelsorgeraum Haiming, Volodymyr Voloshyn, betreut wird. Am Sonntag 10. November 2019 feierte Großerzbischof Sviatoslav Shevchuk in dieser Kapelle in ukrainischer Sprache die Göttliche Liturgie.

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