Zum Inhalt springen
06.09.2018

Das Jerusalemer heilige Grab von Eichstätt wird in der Ukraine nachgebaut

(op) Die Eichstätter Version des Jerusalemer Heiligen Grabes in der Heilig-Kreuz-Kirche steht nun auch in der Ukraine: Im Marienwallfahrtsort Zarvanytsja entstand in den letzten Jahren eine Kopie. Die Idee dazu hatte der Metropolit von Ternopil, Vasyliy Semenyuk, vor längerer Zeit. Der Plan war, die heiligen Stätten von Jerusalem in der Ukraine nachzubauen und sie für die Verehrung in der Ukraine zugänglich zu machen.

Kopie des Heiligen Grabes von Eichstätt

Das Zentrum der imposanten architektonischen Anlage mit Nachbildungen des Turmes Davids, der Mauern Jerusalems, des Ölgartens, der Heiligen Stiege (die Treppe, die Jesus zu Pontius Pilatus hinaufstieg) von Golgota, des Teiches Bethesda, bildet eine Kopie des Heiligen Grabes. Dieses ist zugleich die letzte Station eines auf längerem Pfad im Wald angelegten Kreuzweges, der an der Hauptkirche des Wallfahrtsortes Zarvanytsja beginnt und zu einer Anhöhe im Wald, der eigentlichen Stätte des ukrainischen Jerusalems, führt. Bei den Planungen entschied man sich das Heilige Grab von Eichstätt der jetzigen Version in Jerusalem vorzuziehen. Beim Eichstätter Bau handelt es sich nämlich um eine Kopie des ursprünglicheren Zustands – das Heilige Grab in Jerusalem erfuhr im Laufe der letzten Jahrhunderte immer wieder Renovierungen, die sich auch in seiner veränderter äußeren Gestalt widerspiegeln. Das Heilige Grab in der Eichstätter Heilig-Kreuz-Kirche ist ein leicht verkleinerter, sonst aber detailgetreuer Nachbau des Heiligen Grabes in Jerusalem, wie es im 12. Jahrhundert ausgesehen hat. Der Bau ist aufgrund seiner Genauigkeit und seines guten Zustandes einzigartig.

Parallele zwischen Eichstätt und Zarvanytsja

Der Grund für den Bau einer Kopie des Heiligen Grabes war sowohl in Eichstätt (1166) als auch in der Ukraine (2014-2018) der gleiche: die heiligen Stätten des Lebens, des Leidens und der Auferstehung Jesu Christi für diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer nicht reisen oder pilgern können, in die Nähe, in die Heimat zu bringen und auf diese Weise das geistliche Leben und die Frömmigkeit zu fördern. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage wird es wohl noch  lange sein, dass für viele Gläubige – ob orthodox oder katholisch – in der Ukraine eine Reise ins Heilige Land unerschwinglich ist.

Wie die Idee entstand

Bei einem Besuch des Collegium Orientale im Jahr 2013 erzählten Rektor Paul Schmidt und Vizerektor Oleksandr Petrynko dem Erzbischof Semenyuk und seinem Begleiter, , Volodymyr Firman, dem Wallfahrtsrektor von Zarvanytsja , vom Heiligen Grab in Eichstätt. Dabei standen damals die Geschichte der Entstehung des Heiligen Grabes in Eichstätt und seine gottesdienstlich Verwendung im Mittelpunkt. Nach der Besichtigung des Grabes hatten die beiden Gäste für dieses Modell Feuer gefangen: Dieses Grab sollte auch in der Ukraine stehen. Rektor Paul Schmidt vermittelte die Zeichnungen vom Diözesanbauamt, wofür die Architekten vor Ort in der Ukraine sehr dankbar waren. Die Architekten hatten einige Monate später die ehemalige Kapuzinerkirche nochmals besucht, um sich das Realbild des Grabes vor Augen zu führen und auch die letzten Messungen vorzunehmen, bevor es in der Ukraine konkret an die Planungen und den Bau ging.

Der Marienwallfahrtsort Zarvanytsja

Die Kopie des Heiligen Grabes von Eichstätt steht in Zarvanytsja. Der Ort entwickelte sich zum größten Marienwallfahrtsort in der Westukraine. Seine Gründung geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Ein Mönch aus dem Höhlenkloster in Kiew, der wie viele seiner Mitbrüder vor der Mongoleninvasion auf der Flucht in den Westen war, machte eine Rast im Wald – das heutige Dorf Zarvanytsja. In einem Traum erschien ihm die Gottesmutter und teilte ihm mit, dass dies ein besonderer Gnadenort sei. Vom Schlafe erwacht, ließ er sich hier mit einigen Mitmönchen nieder und erbaute über der Quelle eine Marienkapelle mit einer Marienikone, vor der in den folgenden Zeiten viele Menschen Heilungen erfuhren und bis heute noch immer erfahren.

Nachdem die ukrainische griechisch-katholische Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 von den Sowjets verboten wurde, wirkten viele Gemeinden in den Untergrund. Einer der Untergrundpriester war auch Vasyliy Semenyuk, der mit vielen Gläubigen heimlich nachts kleinere Wallfahrten in den Wald von Zarvanytsja durchführte. Auf diese Weise bewahrte dieser geschichtliche Ort der Volksfrömmigkeit auch in der kirchenfeindlichen Zeit der Sowjetunion seine Bedeutung. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus 1990 hatte sich Metropolit Semenyuk – als Rektor des Seminars und auch als Erzbischof von Ternopil – des Wallfahrtsortes angenommen, baute die Stätte wieder auf und erweiterte sie nun durch das „ukrainische Jerusalem“.

Die Einweihung des Heiligen Grabes

Am 27. August wurde die Kopie des Heiligen Grabes in Zarvanytsja eingeweiht. Dieses Datum wurde von der Erzeparchie Ternopil-Zboriv bewusst ausgewählt: der Vorabend des 28. Augustes, des Hochfestes der Entschlafung Mariens (der Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel nach julianischen Kalender). An diesem Marienfest inmitten des Sommers wallfahren viele Gläubigen nach Zarvanytsja. Die Einweihung rief eine sehr positive Resonanz hervor, so dass am Nachmittag und Abend der Einweihung ca. 55.000 bis 60.000 Pilger vor Ort waren – eine unvergessliche und bewegende Atmosphäre!

Die Einweihung nahm das Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, Patriarch und Großerzbischof Sviatoslav Shevchuk, im Beisein von mehreren Bischöfen und ca. 100 Priestern und Diakonen vor. Nach einer Marienandacht in der Hauptkirche und der Prozession zur eigentlichen Stätte des „ukrainischen Jerusalems“ wurde die Segnung des Grabes und der gesamten Stätte liturgisch vollzogen. Daran schlossen sich die Eucharistiefeier und die Lichterprozession mit Fürbitten und Gesängen an. Die Seminaristen von Ternopil übernahmen die gesangliche Gestaltung.

Der Großerzbischof ging in seiner Predigt bei der Einweihung auf das Thema „Pilgern nach Jerusalem“ ein. Wie ein roter Faden zog sich dabei der Gedanke, dass die Menschen nach Jerusalem im Heiligen Land, aber auch zum ukrainischen Jerusalem pilgern, um für Frieden zu beten und ihn als die kostbarste Gabe von Gott zu erlangen. Ob das israelische Volk von einst oder die Menschen von heute ins Heilige Land oder die ukrainischen Pilger nach Zarvanytsja – sie alle pilgern nach „Jerusalem“ mit ihren persönlichen Sorgen und den Sorgen der Menschheit, und um Frieden zu beten und ihn zu erlangen.

Als besonders hoher Gast wohnte der Einweihung der derzeitige Kustos der Franziskaner im Heiligen Land, Francesco Patton, in Begleitung von zwei Mitbrüdern bei. Er brachte einen Stein aus der Grabeskirche in Jerusalem mit, der als Reliquie an der Heiligen Stätte in der Ukraine eingebaut wird.

Aus Eichstätt waren bei der Einweihung Domkapitular Wolfgang Hörl, der offizielle Vertreter von Bischof Gregor Maria Hanke OSB, sowie Leitung und Studenten des Collegium Orientale vor Ort in der Ukraine. Nach der Einweihung wurde das offizielle Grußwort von Bischof Hanke von Domkapitular Hörl verlesen und ins Ukrainische übersetzt. Bischof Hanke betonte in seiner Grußbotschaft besonders die Bedeutung des leeren Grabes für den Glauben, die von der Auferstehung und dem Sieg über dem Tod zeugt. Die Errichtung des Heiligen Grabes von Jerusalem in der Ukraine nach der Vorlage von Eichstätt sei ein positives Zeichen der guten Beziehungen und Verbindung zwischen dem Bistum Eichstätt mit seinem Collegium Orientale und der gesamten ukrainischen griechisch-katholischen Kirche.

Erzbischof Semenyuk und das Bistum Eichstätt 

Die Kontakte der Erzeparchie Ternopil-Zboriv zum Bistum Eichstätt sind gut 25 Jahre alt. Sie entstanden aus gegenseitigen Besuchen und Gesprächen nach der Wende in der Ukraine. Der damalige Rektor des Priesterseminar Ternopil Vasyliy Semenyuk und der damalige Abt Gregor Maria von Plankstetten, sowie der Gründungsrektor des COr, Dr. Andreas Thiermeyer, pflegten gute und rege Kontakte. Es ging um verschiedene gemeinsame Projekte und nicht zuletzt um die Ausbildung der Seminaristen der ukrainischen griechisch-katholischen Seminaristen, auch aus der Erzeparchie Ternopil-Zboriv im Collegium Orientale Eichstätt. Erzbischof Semenyuk sendet regelmäßig Seminaristen zum Weiterstudium nach Eichstätt; derzeit studieren zwei Seminaristen von Ternopil im COr und an der KU.

Gute partnerschaftliche Beziehungen verbinden Erzbischof Semenyuk mit dem Referat Weltkirche des Bistums Eichstätt. Zuletzt besuchte Domkapitular Prälat Dr. Christoph Kühn diese bedeutende griechisch-katholische Erzeparchie in der Ukraine im Jahr 2016. Aufgrund einer terminlichen Überschneidung konnten Generalvikar Dompropst Isidor Vollnhals und Altrektor Domkapitular Paul Schmidt dem Wallfahrtsort Zarvanytsja und Erzbischof Semenyuk einen Besuch im Vorfeld der Einweihung im August dieses Jahres abstatten.

Bildergalerien:

27.08.2018. Heiliges Grab aus Eichstätt wird in der Ukraine nachgebaut - 1

27.08.2018. Heiliges Grab aus Eichstätt wird in der Ukraine nachgebaut - 2

(zuerst veröffentlicht auf: weitblick.bistum-eichstaett.de)