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21.05.2021

Eine Libanon-Zeder im Garten des Eichstätter Priesterseminars

(fs) Täglich beten wir in der Vesper im Collegium Orientale den Psalm 104 (103) mit dem Vers „Die Zedern des Libanon, die der Herr gepflanzt hat“ (Ps 104,16) oder hören auch oft in unserer Kapelle erklingen „Der Gerechte wächst wie die Palme und gedeiht wie die Zedern des Libanon“ (Ps 92,13). Ab jetzt besitzen wir ein konkretes Beispiel von diesen berühmten Bäumen, denn am 20. Mai 2021 wurde eine kleine Libanon-Zeder im Garten des Eichstätter Priesterseminars von Regens DK Michael Wohner und Rektor Dr. Oleksandr Petrynko gepflanzt.

Kaum ein anderer Baum hat in der Heiligen Schrift und im Alten Orient ein so großes Ansehen wie die Libanon-Zeder. Im Alten Testament wird sie etwa 70-mal erwähnt. Die Verfasser der alttestamentlichen Schriften sparen nicht mit Lob, wenn sie über die Zeder sprechen; sie nennen sie „die Zeder Gottes“ (Ps 80,11) und „die Herrlichkeit des Libanon“ (Jes 35,2). Die Zeder ist Synonym für das Außerordentliche: Für den Tempelbau ließ König Salomo Zedernholz aus Tyros liefern (1 Kön 5-7) und die Weisheit spricht von sich: „Wie eine Zeder auf dem Libanon wuchs ich empor“ (Sir 24,13). Sie ist Symbol für Größe, Kraft, Mächtigkeit, Erhabenheit, Majestät und Würde. Der Prophet Ezechiel schreibt sogar: „Keiner der Bäume im Garten Gottes glich ihr in ihrer Schönheit, voll Eifersucht auf sie waren im Garten Gottes alle Bäume von Eden“ (Ez 31,8).

Doch warum ist sie wichtig? Was macht die Besonderheit der Libanon-Zeder aus?

Die Botaniker nennen sie Cedrus Libani, ihre ursprüngliche Heimat ist in den Libanongebirgen, in Syrien und Süd-Anatolien. Der immergrüne Nadelbaum wächst zunächst sehr langsam, kann aber eine Höhe von etwa 40 Meter und ein Alter von über 1000 Jahre erreichen. Die jungen Zedern haben eine kegelförmige Krone, aber nach einem gewissen Alter verlieren die meisten Bäume ihre Spitze und bekommen eine eigenartige etagenförmige Gestalt. Ihr gelb-rötliches und nach Weihrauch duftendes Holz ist widerstandsfähig gegen Insektenbefall und Fäulnis, was ihm eine Dauerhaftigkeit verleiht, obwohl es leicht zu bearbeiten ist.

Für all diese Eigenschaften und viele andere war die Libanon-Zeder seit jeher eine geschätzte und vielbegehrte Baumart. Bereits im ersten Epos der Menschheit (3. Jt. v. Chr.) findet sie Erwähnung: Als erstes Abenteuer unternimmt Gilgamesch mit seinem Freund Enkidu eine Reise in den Libanon um gegen Humbaba, den Hüter des Zedernwaldes zu kämpfen, bevor sie mit einer großen Beute an kostbarem Holz nach Mesopotamien zurückkehren. Das luxuriöse Zedernholz fand Verwendung in allen Großreichen der Antike, wie etwa Ägypten, Mesopotamien, Griechenland und Rom, vor allem bei der Verzierung von Palästen und Tempeln sowie im kultischen Bereich. Manche Pharaonen ließen ihre Särge daraus anfertigen. Die Phönizier, d.h. die antiken Bewohner der libanesischen und syrischen Küste, die eine große See- und Handelsmacht waren, verdanken ihren Erfolg teilweise dem Zedernholz. Es war ihre wichtigste Handelsware und daraus bauten sie ihre Schiffe, deshalb nannten sie die Zeder „die Königin der Bäume“. Die Berühmtheit der Libanon-Zeder kam ihr leider nicht immer zugute, denn sie wurde aufgrund jahrhundertelanger Übernutzung stark dezimiert, sodass Kaiser Hadrian schon im 2. Jh. n. Chr. die Zedern der Libanongebirge durch ein Gesetz unter seinen Schutz stellte und ausschließlich für die kaiserlichen Zwecke reservierte. Bis heute ist die Zeder für die Libanesen viel mehr als ein Baum, sie besitzt eine enorme Symbolkraft und steht als Wahrzeichen in der Mitte ihrer Flagge. Seit dem Ende des libanesischen Bürgerkriegs 1990 und dank mehrerer Aufforstungsinitativen verbreitet sich die Zeder wiederum langsam an ihrer ursprünglichen Stätte, und fand darüber hinaus ihren Weg bis nach Eichstätt.